Sigmar Gabriel, seines Zeichens Minister für die Bundesumwelt, hat mal wieder zugeschlagen.
Ruhelos zog er in den letzten Wochen durch die deutschen Lande. Seine Behörde hatte den Reak-
torzwischenfall im schwedischen Kernkraftwerk Forsmark ,,verbummelt". Das testierte ihm am 29.
August die FAZ. Nicht nur Parteifreundin Trauernicht aus Schleswig-Holstein wollte wissen,
warum die Länder, zuständig für die Atomaufsicht, erst aus der Presse von dem Vorfall erfuhren.
Mit neuntägiger Verspätung. Das Stehaufmännchen der SPD, hatte danach dringenden Erklärungs-
bedarf. Minister Gabriel gab den Druck - wie üblich - weiter. Er schürte Zweifel an der Zuverläs-
sigkeit deutscher Kraftwerksbetreiber. ,,Der Informationsstörfall im Bundesumweltministerium
harrt
- derweil - noch der Aufklärung" (FAZ). Doch schon kommt ein neuer Störfall auf Minister
Gabriel zu, den ewigen SPD-Hoffnungsträger. Und das kam so:

Es ist Wahlkampf in Niedersachsen. Der Kampf um die Rathäuser elektrisiert die Bürger zwischen
Harz und Nordsee. Dort, wo Gabriel bei der Landtagswahl 2003 als Braunschweiger Löwe gestartet
und als Bettvorleger gelandet war. Sein mühsamer Weg zurück ans Licht harrt in Teilen noch der
endgültigen, korrekten juristischen Aufklärung. Inklusive einer falschen Erklärung vor Gericht an
Eides Statt! Das hindert ihn indes nicht, mal wieder Laut zu geben. In Gadenstedt, einem Ortsteil
der Gemeinde Ilsede bei Peine, lehnt sich eine Bürgerinitiative gegen die Errichtung eines Sende-
Masts auf. Mitten im Ortskern soll die Anlage errichtet werden. Auf dem Dach des Rathauses.
Direkt neben Grundschule und Kindergarten. Betreiber: T-Mobile. 16 Bürger hatten schriftlich
Einspruch gegen den Bau an dieser exponierten Stelle eingelegt. Man kämpfe nicht gegen die
Mobilfunktechnik als solche. Der Standort sei jedoch nicht akzeptabel. Am Klärwerk, außerhalb des
Ortes, problemlos. Die Bürger führen - nicht ganz unlogisch - an, dass deutsche Antennen mit 9-mal
mehr Leistung strahlen, als in anderen Ländern der EU erlaubt - in Woltorf sogar 3 Antennen
gleichzeitig. In ihrer Not wandten sich die Bürger direkt an Sigmar Gabriel, den Minister aus der
Region. Und der handelte. Prompt! In einem Schreiben des Umweltministers ist zu lesen: ,,Für die
weitere Diskussion vor Ort dürfte aber eine aktuelle Information entscheidend sein: Eine Nachfrage
bei den Mobilfunknetzbetreibern hat ergeben, dass der von Ihnen beschriebene Standort Rathaus
Gadenstedt infolge geänderter Prioritätensetzung aus der aktuellen Netzplanung gestrichen wurde
und daher in absehbarer Zeit nicht weiter verfolgt wird. Mit freundlichen Grüßen Sigmar Gabriel"

Die Bürger ließen darob schon mal die Sektkorken knallen. Die Peiner Allgemeine Zeitung PAZ, zu
mehr als 20% im Besitz der SPD-Medienholding DDVG verkündete: ,,Funkmast wird vorerst nicht
gebaut"
. Ein Pressesprecher von T-Mobile sei ,,nicht zu erreichen". Der Schaumwein blieb den
Bürgern jedoch im Halse stecken. Das Konkurrenzblatt Peiner Nachrichten PN vermeldete nämlich:
,,T-Mobile weiß nichts von einem Verzicht." Deren Pressesprecher erklärte: ,,Wir möchten die
Anlage nach wie vor auf dem Rathaus betreiben."
Das Ministerschreiben sei ,,verwunderlich" und
,,verwirrend". Wir schreiben den 1. September 2006. Was liest der Bürger nun am 2. September in
der SPD-Zeitung? Keine Meldung zu Gabriel und dem Funkmast. Es ist ja Wahlkampf. Das wäre
daher eher kontraproduktiv für den Gesellschafter SPD. Die PN indes setzt nach und titelt am 2.
September: ,,T-Mobile verzichtet nicht auf Sendemast auf Rathaus." ,,Die Behauptung in dem von
Bundesumweltminister Sigmar Gabriel unterschriebenen Brief, das Rathaus in Gadenstedt sei als
Standort für eine Mobilfunkanlage gestrichen worden, nennt der Pressesprecher von T-Mobile
,,schlichtweg falsch". Warum Gabriel dies verkündet habe, ,,ist das große Rätsel""
so T-Mobile.
Und die Moral von der Geschichte:
1. Sigmar Gabriel nimmt es mit der Wahrheit - nachweisbar - nicht immer ganz genau.
2. Eine SPD-Zeitung ist in Wahlkampfzeiten zu allererst ein Parteiblatt.
3. Partei-Besitz an Zeitungen muss daher - für den Leser gut erkennbar - auf der Titelseite ver-
öffentlicht werden: ,,Wo SPD drin ist, muss SPD drauf stehen!"
4. Der Bürger muss mindestens zwei Zeitungen lesen, bzw. sich im Internet informieren.
5. Früher mussten Minister nach ,,Informationsstörfällen" dieser Art zurücktreten. Früher!

Woltorf, den 2. September 2006 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz und Peter Schridde