Stahlkanzler Gerhard Schröder

Otto von Bismarck nannte man den Eisernen Kanzler. War Gerhard Schröder der Stahlkanzler?
Wie Schröder seinen Job verlor, ist klar. Wie er ihn bekam, offenbar noch nicht. Und das, ob-
wohl die Aktion damals vor genau acht Jahren - fast - öffentlich ablief. Mein Kommentar vom
28. Dezember 2005 sorgte daher für Riesenwirbel nicht nur in Peine und Salzgitter. Insbesondere
bei Metallern, die mein Buch noch nicht gelesen hatten. Preussag Stahl vom Preussag-Vorstand
am 8. Januar 1998 verkauft? Wer hat das gewusst? Wie hat Schröder den Deal umgebogen? Wa-
rum biegt MP Wulff den Schließungsbeschluss bei Conti in Hannover nicht ebenso um? Warum
folgt er nicht dem Beispiel von Vorgänger Schröder? Fragen über Fragen. Hier Fakten und Rat:

Am 8. Januar 1998 ,,stimmt der Vorstand (der Preussag AG) bei Gegenstimme von Herrn Dr.
Selenz der Übertragung der Aktien von Preussag Stahl AG gemäß dem vorliegenden, paraphier-
ten Grundsatzübereinkommen einschließlich der Anteile an den im Übereinkommen genannten
Gesellschaften auf die Voest Alpine Stahl AG zu".
(Protokoll Nr. 1113 über die Vorstandssitzung
am 8. Januar 1998 14.45 Uhr bis 15.15 Uhr) Das AR-Präsidium hatte den Deal bereits abgenickt.
Oberpeinlich: IG Metall-Vorstand Schmitthenner, im dicken Preussag-Audi A8 unterwegs, auch!
Danach brach Panik aus. Betriebsrat und örtliche IG Metall waren gelähmt. Schmitthenner war
schließlich auch Vize-Chef des Aufsichtsrates der verkauften Preussag Stahl AG. Schröder hatte
den Stahlarbeitern außerdem noch am 24. November 1997 in Salzgitter hoch und heilig ver-
sprochen: Stahl-Verkauf nur über meine Leiche! Und am 1. März 1998 sollte Landtagswahl in
Niedersachsen sein. Katastrophe! ,,Wäre der Vertrag mit Voest zustande gekommen, sagt der
niedersächsische Wirtschaftsstaatssekretär Alfred Tacke, ,,hätte man Schröder vorgeworfen, er
habe das Parlament belogen und sein den Arbeitern gegebenes Wort gebrochen"

(STERN 5/98)" ,,Die Arbeiter hätten ihm zu Recht die Stahlbarren in die Fenster der Staats-
kanzlei geschmissen",
sekundierte Schröders ,,Wahlkampfberater" Bodo Hombach im STERN.

Nun war guter Rat teuer. Der Vertrach musste wech! Koste es was es wolle. Umbiegen! Aber
wie? MP Schröder wollte schließlich die Wahl mit Bravour und Stimmenzuwächsen gewinnen.
Sonst wäre die SPD-Kanzlerkandidatur futsch gewesen. Da traf es sich gut, daß man die Finanz-
probleme der Preussag kannte. Unter Leitung von Alfred Tacke (A-Tacke) hatte am 28. Novem-
ber 1997 der Wirtschaftsausschuss des Niedersächsischen Landtages getagt. Preussag-Vorstand
MdL Schultze (SPD), Vorsitzender des Ausschusses, hatte von 2,5 Mrd. DM gesprochen, die in
Form von ,,Quersubventionierungen" im Konzern verschoben worden waren. Im Klartext: Um
Gewinne auszuweisen - obwohl man riesige Verluste machte - wurde Vermögen verscherbelt.
Staatsvermögen! Die C&L Wirtschaftsprüfer hatten artig mitgespielt. Der Schwindel lag sogar
als Landtagsprotokoll vor. Schwarz auf weiß. Offiziell. Der perfekte Hebel zum Umbiegen!

Am 9. Januar ging es mit dem Zug nach Düsseldorf. Hauptgesellschafter der niedersächsischen
Preussag war nämlich die NRW-Landesbank West LB. Schröder hatte A-Tacke im Gepäck.
Außerdem hatte er mich gebeten, ihn zu begleiten. Zur Vorsicht. West LB-Chef Friedel Neuber
war ,,Intimfreund" von MP Johannes Rau. Der wollte lieber Lafontaine ins Kanzleramt hieven.
Daher der Stahlverkauf. Oskar hatte ihm versprochen, ihn zum Bundespräsidenten zu machen.
Das konnte sich Gerhard noch nicht vorstellen. Er kannte den scheinheiligen ,,Bruder" Johannes
zu gut. Im Büro des West LB-Chefs ging dann alles sehr flott. Neuber ließ sich ,,überzeugen". Es
war für ihn allemal besser, die tags zuvor verkauften Stahlwerke nochmals zu verkaufen. An
,,Parteifreund" Schröder und dessen Nord LB. Die Alternative wäre sehr misslich gewesen. Die
staatsanwaltschaftliche Überprüfung der Preussag-Bilanzen. Bei 2,5 Mrd. Miesen ein tödliches
Unterfangen. Eine AG wechselte so innerhalb eines Tages zweimal den Besitzer. Einmal legal.
Einmal kriminal! Derartiges gab es in der deutschen Geschichte bis dato noch nicht. Später ver-
gaß Gerhard Schröder Betrug und kriminelle Bilanzen bei Preussag und Salzgitter. So wurde er
deutscher Stahlkanzler. Ein Vorbild für Christian Wulff und den Fall Conti? Ich meine nein.
,,Wildwest auf der Chefetage*" zeichnet Gerhard Schröders Weg ins Kanzleramt präzise nach.
(*Titel mit freundlicher Genehmigung des SPIEGEL-Verlags BUCH&media ISBN 3-86520-140-7)

Peine, den 9. Januar 2006 gez.: Prof. Dr.-Ing. Hans-Joachim Selenz


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